Hallo,
ich habe mich angemeldet, um als "Lötlehrling" meine Erfahrungen bei einzelnen Bausätzen mit anderen Neulingen zu teilen.
Vielleicht ist etwas für andere dabei.
Mein erster Bausatz war der ELECTRA.
Der Beitrag gliedert sich wie folgt:
- Vorbild für den Bausatz (Serienpedale)
- Persönliche Erfahrung/Fehler/Erkenntnisse beim Zusammenbau (allgemein/speziell)
- Sound des Bausatzes
1. Vorbild
Habe hierfür ein bisschen im Internet gesucht. (Falls ich Blödsinn schreibe, dann grätscht gerne dazwischen!)
In den 60ern/70ern gab es wohl eine Firma, die Gitarren mit eingebauten Effekten angeboten hat (Electra).
Ein Effekt war u.a. eine relativ einfache Verzerrung - die Grundlage für viele "Nachahmer" bzw. Hobbybastler.
Es sollen u.a. die beiden Lovepedals "Tchula" und "Les Lius" auf dem alten Basislayout beruhen.
(Siehe auch den Bausatz "Der Lius" beim Musikding, der auf der gleichen Platine wie der ELECTRA aufgebaut wird).
Klangbeispiele gibt es bei YouTube. Diese gehen aber nicht ganz in die Richtung des Bausatzes. Dazu unten mehr.
Das Pedal wird bei Musikding unter Distortion/Overdrive geführt. Klanglich soll es einen übersteuerten
Tweed-Amp wiedergeben. (Ich finde z.B. Neil Youngs E-Gitarren-Eruptionen beim Filmsong "Dead Man"
gehen in diese Richtung. Natürlich auch viele andere Songs von Good Old Neil...).
2. Persönliche Erfahrungen/Fehler/Erkenntnisse
Ich hatte vorher erst einmal einen Lötkolben in der Hand - beim Wechsel der Pickups an meiner Gitarre.
Daher wusste ich - das wird so einfach nicht!
Tipps:
Löten
Schaut Euch vorher Lötvideos auf YouTube an und macht ruhig die dort gezeigten Lötübungen nach.
Ein wirklich gutes Video zum grundlegenden Ablauf beim Bau eines Effektpedals (am Beispiel des Tubescreamers)
findet Ihr auf dem Kanal von Götz Müller-Dürholt (GMD). Hier kann man in Nahaufnahme auch sehen,
wie er m.E. recht sauber lötet.
Nehmt einen Lötkolben mit eher geringer Leistung (15-30 Watt) und feiner Spitze.
Haltet 2 Stärken Lötzinn bereit: 0,5 mm für die Platine und 1,0 mm z.B. für die Verdrahtung der In/Out/Poti-Geschichten.
Eine "Dritte Hand" (Löthilfe) hat mir sehr geholfen. Damit kann man zuerst die Platine bestücken bzw. die Teilchen auf einer
Seite z.B. mit Klebeband fixieren und dann das ganze einfach umdrehen und auf der anderen Seite dann festlöten.
Auch eine Entlötpumpe hat mir zwei- dreimal bei einer verunglückten Lötstelle geholfen.
Lötet nicht zu lange an einem Bauteil rum. Die Sachen werden verdammt schnell verdammt warm.
Lötet nicht beide Beinchen eines Bauteils nacheinander fest. Wechselt beim Löten die Bauteile - so können diese
zwischendurch etwas abkühlen.
Verdreht und verzinnt grds. die Enden der Litzen.
Ablauf
Ich habe mir vorher die Datei "Effektgeräte bauen leicht gemacht" vom Musikding ausgedruckt und durchgelesen.
Ebenso die Stückliste, den Schaltplan und die Übersicht zur Verdrahtung. Alles lag immer griffbereit.
Ich habe alle Teile ausgepackt, anhand der Stückliste auf Vollständigkeit geprüft und abgehakt (manche Berufe gehen in
die Genetik über...). Dabei habe ich die Bauteile gleich sortiert (Widerstände, Dioden usw.)
Dann habe ich die Platine schrittweise bestückt und verlötet - angefangen mit den kleinsten Bauteilen (i.d.R. Widerstände)
hin zu den größeren. Hatte ich zuviele Teile bestückt, wurde das Löten schwieriger. Deshalb habe ich i.d.R. nur so viele Teile
bestückt, wie ich auf der Rückseite problemlos verlöten konnte. Anschließend habe ich jeweils die Beinchen abgeknippst.
Hiefür solltet Ihr einen recht kleinen Seitenschneider nehmen. Meiner ist dafür nicht präzise genug (bzw. ich zu schlampig...)
und die Reste schauten leider noch etwas zu lang aus den Lötstellen heraus. Wartet vor dem Abschneiden aber ruhig etwas
länger. Das Lötzinn muss vorher hart werden.
Verlötete Teile habe ich auf der Stückliste und auf dem Schaltplan markiert.
Ist die Platine fertig, werden die Litzen an die Platine gelötet. Ich habe auch vor dem Zusammenbau einige Litzen
an die In/Out-Buchsen und den Fußschalter gelötet, um nicht nachher alles im Gehäuse zusammenzufummeln.
Dabei muss man aber überlegen, welche Verbindung kommt woher bzw. geht wohin und wie ist der weitere Ablauf
beim Zusammenbau. Zwei Fehler dabei von mir:
a) Vorher eine Verbindung zwischen zwei Teilen löten um dann festzustellen,
dass man diese so nicht mehr einbauen kann! (DC-Buchse zum Batterieclip).
b) Verbindung doppelt (Massekabel einmal auf der Platine und nochmal an der In bzw. Out-Buchse.
Also an der Buchse wieder abmachen!
Bereitet vor allem den Fusschalter soweit wie möglich vor. Der ist ziemlich fummelig. Darüber gibt es auch diverse
Beiträge hier im Forum. Die Richtung sollte so sein, dass man durch die kleinen Ösen gucken kann.
Werden an einer Öse zwei Leitungen befestigt, dann ist es m.E. nicht gut, zuerst eine festzulöten
und dann die andere. Besser ist es, die verzinnten Enden beider Leitungen in die Öse zu stecken/zu verdrehen
und dann beide gleichzeitig festzulöten.
Tja, und irgendwann hat man keine Bauteile oder losen Kabelenden mehr über...
Den Soundtest habe ich gemacht, bevor ich die Platine im Gehäuse fixiert habe...
Zum Glück hat CARMEN ELECTRA mich dann auch angefaucht!
3. Sound des Bausatzes
Die Beschreibung des Sounds mit Worten ist natürlich schwierig - ich versuche es trotzdem mal.
(Beim Musikding gibt es auf der Produktseite ein Video).
Das Pedal hat nur ein Volumenpoti - somit nur den einen Sound - mal leiser/mal lauter.
Die Beeinflussung des Sounds/Effekts erfolgt somit i.W. durch Anschlagstärke, die Pickups, das Volumenpoti
sowie Pedale vor dem ELECTRA (z.B. Booster/Kompressor). Das klingt banal, aber das Pedal reagiert sehr
stark auf unterschiedliche Eingangssignale. (Es gibt ja auch Verzerrer, bei denen unterschiedliche Eingangssignale
hinterher irgendwie alle ähnlich klingen.)
Der ELECTRA hat m.E. ein weitaus höhere "Grundzerre" als z.B. das Lovepedal "Tchula"
(so wie ich es aus den Videos heraushöre).
Der Effekt ist somit alles andere als dezent. Aber mit dem Volumenpoti der Gitarre auf 3 bis 4
kommt man in einen schönen Bereich zwischen Clean und Crunch.
Andererseits geht mit einem Booster/Kompressor nochmal richtig die Post ab. Man erhält einen übersteuerten Ton,
der kurz nach dem Anschlag erstmal in die Knie geht und sich dann blubbernd/unsymmetrisch wieder aufbaut
und mit einem schön ungleichmäßigen Sustain wieder verklingt.
Aber das sind alles nur leere Worte...
Kurz: Für Gitarristen, die beim Spielen die Dynamik beherrschen und mit dem Volumenpoti umgehen können,
stellt der ELECTRA einen vielseitigen Effekt dar. Für die, die das nicht können (so wie der Beitragsverfasser),
bietet der ELECTRA einen Hau-auf-die-12-Effekt, der es abseits von High-Gain in sich hat.
Viele Grüße
Ein Lötlehrling